Flächenhygiene
Jeder Kontakt ist ein Austausch: So übernehmen wir nicht nur Keime von Gegenständen und anderen Menschen, sondern lassen sie auch selbst zurück. An den ganz profanen Alltagsdingen wie Telefonen, Tastaturen oder Türklinken werden Keime durch unmittelbaren Kontakt auf die Oberflächen aufgebracht und weiterverbreitet. Unerwünschte Erreger finden sich in medizinischen Einrichtungen häufig auch auf Fussböden, Arbeitsflächen, Waschbecken, Armaturen, medizinisch-technischen Geräten und anderen Oberflächen. Entsprechend hoch ist das Präventionspotenzial einer professionellen Flächenhygiene.
Der Weg zum Patienten ist kurz. Daher dient eine hygienisch einwandfreie Durchführung der Flächendesinfektion und -reinigung in stationären und ambulanten medizinischen Einrichtungen sowohl der Sauberkeit als auch der Infektionsverhütung – zum Schutz von Patienten und Personal.
Ob in Klinik oder Praxis, im Altersheim, im ambulanten Operationszentrum oder einer anderen medizinischen Einrichtung: Die meisten der vorhandenen Flächen kommen ständig mit Personen und Material in Berührung. Das Resultat sind sichtbare Verunreinigungen durch Blut oder Sekrete sowie Keime und Erreger, die für das blosse Auge nicht erkennbar sind. Ein professionelles Hygienemanagement umfasst daher selbstverständlich auch die Flächen in den Räumen, analysiert und legt fest, in welchen Bereichen gereinigt und desinfiziert werden muss. Im Folgenden informieren wir über:
- Flächendesinfektion- & reinigung
- Schnelldesinfektion
- Sprühdesinfektion
- Kompatibilität
Flächendesinfektion- & reinigung
Ziel der Flächendesinfektion ist immer eine Verminderung der Keimzahl und Abtötung von pathogenen und fakultativ-pathogenen Mikroorganismen.
Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen
1. Routinemässiger oder prophylaktischer Desinfektion (auf Flächen, von denen anzunehmen ist, dass sie mit Krankheitserregern kontaminiert sind, ohne dass es im Einzelfall erkennbar ist)
2. Gezielter Desinfektion (z.B. bei sichtbaren Kontaminationen oder beim Auftreten spezieller Erreger)
3. Flächendesinfektion bei behördlich angeordneten Desinfektionsmassnahmen
Einteilung in Risikobereiche
Das RKI empfiehlt die Unterteilung in Risikobereiche. An ihnen orientieren sich die Intensität und Häufigkeit der Massnahmen zur Reinigung und Desinfektion. Kriterien sind:
- die Wahrscheinlichkeit des direkten Kontakts
- die mögliche Kontamination mit Krankheitserregern sowie
- der Grad der klinisch relevanten Immunsuppression der Patienten
Daraus resultiert die Einteilung in: - Bereiche ohne Infektionsrisiko, z.B. Flure und Treppenhäuser
- Bereiche mit möglichem Infektionsrisiko, z.B. Behandlungszimmer, Allgemeinstationen
- Bereiche mit besonderem Infektionsrisiko, z.B. OP-Abteilung, Eingriffsraum
- Bereiche mit Patienten, die Erreger in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht, z.B. Isolierbereiche
- Bereiche, in denen vor allem für das Personal ein Infektionsrisiko besteht, z.B. mikrobiologische Laboratorien, Entsorgung
Vergl. RKI-Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen
Das patientennahe Umfeld und Risikobereiche
- Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) empfiehlt in ihren hygienischen Anforderungen an Hausreinigung und Flächendesinfektion:
„Patientennahe Flächen mit häufigem Haut-, Handkontakt durch Patient und Personal sowie patientenferne Flächen mit häufigen Kontaktmöglichkeiten sollten grundsätzlich desinfizierend gereinigt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob eine sichtbare Verunreinigung besteht oder nicht.“ (Anforderungen des AMWF)
Schutz des Personals
Um einen wirksamen Schutz des Reinigungspersonals zu gewährleisten, sollten folgende Regeln beachtet werden:
- Das Reinigungspersonal muss sachgerecht geschult und eingewiesen werden
- Es müssen feste, desinfektionsmittelbeständige Handschuhe (Vasco® Nitril long) mit verlängertem Schaft getragen werden
- Bei grossflächiger Nutzung von Desinfektionsmitteln ist eine ausreichende Lüftung zu gewährleisten
- Unter Umständen ist ein Atemschutz zu tragen (z.B. bei behördlich angewiesener Desinfektion)
Vorgehensweise
Das patientennahe Umfeld und Risikobereiche (z.B. Intensivstationen und OP) sollten mindestens mit der Konzentration des 1-Stunden-Wertes (= Verdünnung bzw. Konzentration, die ihre Wirkung mit einer Einwirkzeit von 1h entfaltet) desinfiziert werden. Das gilt ebenso für Bereiche, die sichtbar kontaminiert sind. Das Desinfektionsmittel wird dabei mit leichtem Druck auf der Fläche verteilt, so dass alles ausreichend benetzt und feucht ist.
Liegt eine massive Kontamination mit organischem Material (Blut, Sekrete etc.) vor, ist folgendermassen vorzugehen:
- Vor der Desinfektion sollte das sichtbare Material mit einem Einwegtuch aus Zellstoff o. ä. aufgenommen werden, das zuvor mit Desinfektionsmittel getränkt wurde.
- Nach der Aufnahme wird das Tuch umgehend entsorgt und die Fläche wie üblich desinfiziert.
Gebrauchslösungen frisch zubereiten
Die Desinfektionsmittellösungen sind in der Regel frisch zuzubereiten, sofern sie nicht bereits gebrauchsfertig vorhanden sind. Die in der Liste des Verbunds für Angewandte Hygiene e.V. (VAH-Liste) angegebenen Konzentration-Zeit-Relationen müssen dabei exakt eingehalten werden. Reste und übrig gebliebene Gebrauchslösungen dürfen nicht über längere Zeit offen stehen, Maximaldauer ist hierbei ein Arbeitstag.
Exakt Dosieren
Eine exakte Dosierung ist Voraussetzung für eine wirksame Desinfektion. Es sollten zum Abmessen von Konzentraten Dosierhilfen benutzt oder typgeprüfte Desinfektionsmittel-Dosiergeräte verwendet werden, um Unter- oder Überdosierungen zu vermeiden.
Nur frisch aufbereitete Wischutensilien benutzen
Es dürfen nur frische Wischuntensilien (Tücher, Mopps etc.) für die Entnahme der Desinfektionsmittel aus den Behältern benutzt werden – dabei müssen Schutzhandschuhe getragen werden.
Reinigungsutensilien müssen nach der Anwendung desinfizierend aufbereitet und getrocknet werden. Eine Keimvermehrung auf den Reinigungsutensilien muss ausgeschlossen werden. Ist dies nicht möglich, müssen Einmalwischtücher verwendet werden.
Das Bezugswechselverfahren
Bei der Durchführung der Flächenwischdesinfektion wird empfohlen, den Wischbezug vor jedem Eintauchen in die Desinfektionsmittellösung zu wechseln. Nur durch die Verwendung eines jeweils frischen Wischbezuges wird die Weiterverbreitung von Mikroorganismen verhindert.
Die sogenannte „Ein-Eimer-Methode“ – das wiederholte Eintauchen eines Bezuges – ist abzulehnen.
Regeln zur Wiederbenutzung von desinfizierten Flächen
Nach der RKI-Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“ können bei routinemässigen Desinfektionsmassnahmen die desinfizierten Flächen wieder benutzt werden, sobald sie sichtbar trocken sind.
Bei folgenden Massnahmen muss die angegebene Einwirkzeit vor der Wiederbenutzung der Fläche abgewartet werden:
- Alle Desinfektionsmassnahmen im Seuchenfall bei behördlich angeordneter Desinfektion, d.h. wenn Mittel und Verfahren der Liste gem. § 18 IfSG des Robert Koch-Institutes eingesetzt werden müssen.
- Die Desinfektion patientennaher Kontaktflächen, wenn die Möglichkeit besteht, dass Mikroorganismen direkt von der Fläche z.B. über Wunden in den menschlichen Körper eingetragen werden (beispielweise im Bett eines Wundpatienten).
- Badewannen, bei denen einlaufendes Wasser die Desinfektion beendet (Risiko vor allem bei nicht völlig verheilten Wunden und in der Geburtshilfe).
- Alle Desinfektionsmassnahmen im Lebensmittelbereich (z.B. Krankenhausküche), wenn nach der Desinfektion mit Trinkwasser nachgespült werden muss. Dies ist der Fall bei allen lebensmittelberührenden Flächen.
Schnelldesinfektion
Insbesondere in Räumen mit hoher Patientenfrequenz empfiehlt sich der Einsatz von Schnelldesinfektionsmitteln. Für die Anwendung von alkoholischen Schnelldesinfektionsmitteln gibt es einige Regeln, die beachtet werden müssen:
- Alkoholische Schnelldesinfektionsmittel tolerieren im Allgemeinen nur eine geringe Eiweiss- und Seifenbelastung. Die zu desinfizierenden Flächen müssen deshalb weitgehend frei von organischen Verunreinigungen sein und dürfen nicht sichtbar kontaminiert sein.
- Sichtbare Verunreinigungen müssen mit einem mit Desinfektionsmittel getränkten Einmaltuch entfernt werden, bevor die eigentliche Desinfektion beginnt.
- Sicherheitsregeln für das Ausbringen alkoholischer Lösungen sind zu beachten.
- Die zu desinfizierende Fläche muss über die Einwirkzeit mit Desinfektionsmittel feucht gehalten werden.
- Nicht trocken nachwischen!
- Nicht auf feuchten oder nassen Flächen anwenden!
- Elektrische Geräte sind vorher spannungsfrei zu machen!
Desinfektion von Medical Devices
Sprühdesinfektion
Bei der Sprühdesinfektion werden die Wirkstoffe vernebelt und können möglicherweise eingeatmet werden. Eine Sprühdesinfektion empfiehlt sich daher nur für schwer zugängliche Stellen. Um Benetzungslücken der besprühten Fläche sicher auszuschliessen, sollte dort, wo es möglich ist, die aufgesprühte Desinfektionsmittellösung mit einem Einmaltuch, das mit dem gleichen Desinfektionsmittel getränkt ist, verteilt werden.
Schaum als Alternative zur klassischen Sprühdesinfektion
Eine gute Alternative zur Sprühdesinfektion ist der Einsatz von Desinfektionsschäumen wie z.B. Meliseptol® Foam pure. Der Schaum zur Flächen-Schnelldesinfektion bildet keine Aerosole bei der Anwendung und ist damit für den Anwender sicherer als die klassische Sprühdesinfektion.
Empfehlungen und Tipps
Einige der wichtigsten Empfehlungen über die Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen finden sich auf den Seiten des Robert Koch-Instituts (RKI), der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und der Broschüre des Industrieverbandes Hygiene und Oberflächenschutz (IHO).
Weitere Informationen
Kompatibilität
Der kritische Bereich
Häufig wird beim Einsatz von Instrumenten- und Flächendesinfektionsmitteln in der täglichen Praxis unterschätzt, welche Bedeutung die Auswahl der Desinfektionsmittel-Wirkstoffe hat. Die unterschiedliche Eignung für bestimmte Materialien und ein unterschiedliches Wirkspektrum sind zwar entscheidend – ebenso wichtig ist aber auch die Verträglichkeit der Wirkstoffe der eingesetzten Produkte miteinander, um ungewünschte Reaktionen zu verhindern.
Inkompatibilität von aldehyd- und aminhaltigen Desinfektionsmitteln
Besonders kritisch ist der gemeinsame Einsatz von aldehyd- und aminhaltigen Desinfektionsmitteln. Diese beiden Wirkstoffgruppen reagieren miteinander und führen zu irreversiblen, bräunlichen Verfärbungen. Dies spielt besonders beim Wechsel von Desinfektionsmitteln eine Rolle. Es empfiehlt sich, bei einer Wirkstoffgruppe zu bleiben bzw. zu gewährleisten, dass vor dem Einsatz des neuen Produkts alle Rückstände sicher abgespült werden.
Inkompatibilitäten beim Einsatz von Flächen- und Instrumenten-Desinfektionsmitteln
Weniger bekannt ist die Problematik von Inkompatibilitäten der beiden Wirkstoffgruppen beim Einsatz von Flächen- und Instrumenten-Desinfektionsmitteln auf unterschiedlicher Wirkstoffbasis. Auch hier kann es zu Verfärbungen kommen, wenn z.B. die Arbeitsflächen mit einem aldehydhaltigen Flächendesinfektionsmittel desinfiziert wurden und bei der Aufbereitung von Instrumenten Tropfen der aminhaltigen Instrumenten-Desinfektionslösung auf diese Flächen gelangen.
B. Braun-Kompatibilitätsliste
Um beim Einsatz der B. Braun Desinfektionsmittel sicher die richtige Wahl zu treffen, ist die Kompatibilitätsliste ein wichtiges Hilfsmittel. Hier sehen Sie auf einen Blick, welche Produkte unbedenklich nebeneinander bei der täglichen Arbeit eingesetzt werden können und welche Präparate nicht miteinander kompatibel sind.